Landesaufnahmeprogramm für MV für Afghan*innen

Wir unterstützen den Aufruf von Jugend Spricht!

Jugend spricht fordert gemeinsam mit 65 weiteren Organisationen ein Landesaufnahmeprogramm für Afghan*innen. Die Initiative hat einen Appell an Ministerpräsidentin Schwesig und die zukünftige Landesregierung versendet. Der Aufruf wird von Parteien, kirchlichen Stellen, zivilgesellschaftlichen Vereinen, Gewerkschaften, Bildungseinrichtungen, Kulturinitiativen und Jugendverbänden unterstützt. Der Rostocker Stadtjugendring unterstützt diesen Aufruf.

Sehr geehrte Ministerpräsidentin, sehr geehrte Frau Schwesig,
wir möchten Ihnen zu Ihrem Erfolg bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern gratulieren. Wir, das sind Afghaninnen und Afghanen, die hier in Mecklenburg-Vorpommern leben. Uns beschäftigte in den letzten Wochen vor der Wahl die dramatische Lage in Afghanistan. Wir leben seit dem 15. August im Ausnahmezustand. Wir sind jeden Tag mit der Situation unserer Angehörigen, unserer Partner:innen, Freund:innen und Mitstreiter:innen beschäftigt. Mit der neuen Realität, in der Aktivist:innen nun leben, die auf sehr unterschiedlichen Wegen für die Menschenrechte und die Demokratie gekämpft haben.
Manche waren Ortskräfte, über die viel berichtet wird. Manche sind Lehrerinnen, Ärztinnen, Juristinnen, Künstlerinnen. Einige sind Journalist:innen und Menschenrechtsaktivist:innen. Andere haben Minen entschärft oder den Menschenhandel bekämpft. Sie alle einte der Glaube daran, dass es möglich ist, eine neue Gesellschaft in Afghanistan aufzubauen. Es sind Werte, für die Sie und die SPD stehen. Es sind Werte, die auch unsere Freund:innen und Unterstützer:innen in Deutschland teilen.
Wir möchten Sie mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen und die kommende Wahlperiode darum bitten, sich der Situation der Afghan:innen ernsthaft anzunehmen. Wir möchten Sie bitten und nachdrücklich auffordern, mit dem neuen Innenministerium ein Landesaufnahmeprogramm für Mecklenburg-Vorpommern aufzusetzen. Wir möchten Sie bitten, uns zu helfen, unsere Angehörigen und Freund:innen zu retten.
Ein Landesaufnahmeprogramm muss aus unserer Sicht umfassen:
• Ortskräfte, die mit Einsatzkräften aus Mecklenburg-Vorpommern zusammengearbeitet haben, sowie Ortskräfte, die familiäre oder partnerschaftliche Verbindungen nach Mecklenburg- Vorpommern haben.
• Aktivist:innen, die für ein demokratisches Afghanistan eingestanden sind: Journalist:innen, Menschenrechtler:innen, Frauenrechtler:innen, LGBTIQ*-Aktivist:innen, die familiäre oder partnerschaftliche Verbindungen nach Mecklenburg-Vorpommern haben.
• Sicherheitskräfte, die in Afghanistan ausgebildet wurden, um demokratische Strukturen abzusichern: Polizist:innen, Soldat:innen, Menschen, die Minen entschärft, Kinderhandel bekämpft und die Rechte der Frauen und Minderheiten durchgesetzt haben und familiäre oder partnerschaftliche Verbindungen nach Mecklenburg-Vorpommern haben.
• Frauen, die in den letzten Jahren für ihre eigene und die Emanzipation der Frauen allgemein gekämpft haben und so die afghanische Gesellschaft verändern wollen: Mitarbeiterinnen in der Regierung und in Bildungsberufen, Mädchen und junge Frauen die Abschlüsse anstreben und abseits des privaten Raums wirken möchten, Frauen die sich gegen Zwangsverheiratung gewehrt haben.
• All die Menschen, die mit ihren Leidenschaften und in ihren ganz individuellen Kämpfen für eine starke Gesellschaft und starke Menschen eingestanden sind: Künstler:innen, Lehrer:innen, Ingenieur:innen, Elektriker, Menschen und Rassismus gewehrt haben und die familiäre oder partnerschaftliche Verbindungen nach Mecklenburg-Vorpommern haben. Wir Afghaninnen und Afghanen sind es gewohnt, den Tod um uns zu spüren. Die Anschläge der Taliban haben uns in den vergangenen Jahren Schwestern, Brüder, Partner:innen, unsere besten Freund:innen, unsere Mitstreiter:innen und unsere Liebsten genommen. Die Situation jetzt ist anders. Menschen in Afghanistan begehen Suizide aus Angst vor der Folter und den Vergewaltigungen der Taliban. Sie sitzen verängstigt in ihren Kellern und Häusern, mit der täglichen Angst verhaftet zu werden. Diese Angst ist real. Wir haben die Bilder der zerschundenen Körper unserer Angehörigen und Freund:innen gesehen, die verhaftet wurden. Manche kamen nicht zurück. Wir haben die Schüsse bis hier her gehört, die unsere Mitstreiter:innen in Herat, in Parwan und Kabul während Demonstrationen das Leben genommen haben. Die Asylpolitik Mecklenburg-Vorpommerns war in den vergangenen Jahren geprägt von Abschottung und dem Diktat der kalten Herzen rund um Lorenz Caffiers Innenministerium. Wir Asylsuchende und unsere Familien wurden als Bedrohung stigmatisiert und abgewehrt – physisch an den Grenzen und bürokratisch in zermürbenden Asylverfahren. Genau jetzt sehen wir die Chance neue Wege zu gehen. Die Wahl vom 26. September steht für Veränderung, für Fortschritt, dafür dass die junge Generation an die Zukunft glaubt – hier in MV wie dort in Afghanistan. Wir bitten Sie und fordern Sie auf:
• Tun Sie es Thüringen und Schleswig-Holstein gleich: Setzen Sie ein Landesaufnahmeprogramm für Afghan:innen auf.
• Wehren Sie sich gegen den falschen Schein, den die Taliban den westlichen Ländern präsentieren. Sie haben sich nicht geändert. Sie spielen mit dem Leid der Bevölkerung. Die Taliban dürfen von der Bundesregierung nicht als Verhandlungspartner anerkannt werden.

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